Rechtschreibung und Fremdwörter

Definitionen von „Standardsprachen“ im Rechtschreibung und Fremdwörter

die Stạn·dard·spra·che <-, -n>

Die Standardsprache (auch: Hochsprache) ist als Gesamtsprache die überregionale und gruppenübergreifende Sprachform, die andere Varietäten überdacht und deshalb als Leitvarietät bezeichnet wird. Da bei der Standardisierung von Sprachen die Schriftlichkeit eine zentrale Rolle spielt, wird sie auch als Schriftsprache bezeichnet. Bei Orientierung am Sprachgebrauch namhafter Schriftsteller wird auch der Ausdruck Literatursprache verwendet. Unter historischem Gesichtspunkt sind Prozesse der Herausbildung der Standardsprache im deutschsprachigen Raum ganz wesentlich mit wichtigen Grammatiken und Wörterbüchern verbunden, hier insbesondere mit dem Wirken der großen Grammatiker der Aufklärung und dem zwischen 1774 und 1776 erschienenen Wörterbuch von J. Ch. Adelung. Dabei hat seit den frühen Bemühungen um eine einheitliche Sprachnorm die Orientierung am Sprachgebrauch namhafter Schriftsteller eine zentrale Rolle gespielt hat, wie umgekehrt diese (so z.B. Goethe) die lexikographischen und grammatischen Ergebnisdarstellungen ihrer Zeit nutzten.
Das schriftliche Festhalten einer übergreifenden, einheitlichen Sprachnorm nennt man Kodifizierung; daran schließt sich an, dass die kodifizierte Norm von gesellschaftlichen Schichten als „richtig“ und vorbildlich angesehen wird. Eine solche Norm (vgl. das Stichwort) kann durch gezielte Normierungstendenzen zustande kommen, wie dies für die Herausbildung einer Standardnorm z.B. in Frankreich bis 1789 kennzeichnend ist; dann wird eine solche Norm als präskriptiv („vorschreibend“) und staatlich verordnet bezeichnet. Wo es, wie in Deutschland, keine offizielle Kodifizierung gab, wird lediglich der ohnehin geltende Sprachgebrauch schriftlich als so bezeichnete deskriptive Norm festgelegt bzw. kodifiziert, nämlich der so bezeichnete sprachliche Usus. Der entsprechende Sprachgebrauch wird von der Sprachgemeinschaft als vorbildlich akzeptiert und durch sprachliche Routinen per Imitation erworben.
Wenngleich eine Kodifizierung des Deutschen in Grundzügen bereits mit den ersten Grammatiken des 16. Jhs. eingesetzt hat, kann erst um 1800 die Standardsprache (insbesondere in ostmitteldeutscher Version) als Leitvarietät und damit Schriftsprache als durchgesetzt und weit verbreitet gelten. Allerdings war es in diesem Zeitraum im Wesentlichen zuerst nur das aufkommende Bildungsbürgertum, bei dem die Leitvarietät aktiv Verwendung fand; und auch hier war die Verwendung auf die Schriftlichkeit eingeschränkt sowie auf verschiedene Textsorten (z.B. die Sprache der Literatur). Erst für das 19. Jh. kann von einer Durchsetzung der neuen Leitvarietät die Rede sein, nämlich deren passive und aktive Verbreitung innerhalb aller Teile der Sprachgemeinschaft. Den Abschluss der Entwicklung bilden nach weitgehender Alphabetisierung der Bevölkerung und der Einrichtung von Schulen die ersten Jahrzehnte des 20. Jhs. Die weitere Entwicklung ist geprägt durch Pädagogisierung der deutschen Standardsprache und deren Normierung auf orthografischer Ebene durch insbesondere Konrad Duden (1872), sowie durch den Versuch der Normierung auch auf lautlicher bzw. orthoepischer Ebene, vorgenommen vor allem von Theodor Siebs (1902).

Siehe auch: Norm , Regel

Eine Norm ist eine mehr oder weniger strikte Vorschrift dazu, woran man sich in einem Geltungsbereich zu orientieren hat. Betroffen sein können von Normen nichtsprachliche und auch sprachliche, als Handlungen interpretierbare, Aktivitäten gleichermaßen. Werden Normen nicht eingehalten, muss man sich einen Normverstoß vorhalten lassen bzw. den Vorwurf, gegen geltende Normen verstoßen zu haben. Soziale Normen z.B. betreffen Vorschriften zur Regelung des Sozialverhaltens. In diesem Falle handelt es sich um gewöhnlich nicht schriftlich festgelegte gesellschaftliche Erwartungen, die in unterschiedlichem Maße verbindlich sind, z.B. nicht beim Essen zu schmatzen. Wo Normen formuliert sind, sind sie z.B. von der Art: „Man antwortet immer in ganzen Sätzen“.
Im Bereich des Rechts geht es um rechtliche Vorschriften bzw. Rechtsnormen. Diese sind schriftlich festgelegt. Mit Normen im Bereich von Fachsprachen verbindet man das „Deutsche Institut für Normung e.V.“ (DIN). Es handelt sich dabei um einen gemeinnützigen, privatwirtschaftlich organisierten Verein, dessen Mitglieder Unternehmen, Verbände, Behörden und andere Institutionen aus Industrie, Handwerk und Wissenschaft sind. Es ist dies seit 1917 die für europäische und internationale Normungsaktivitäten zuständige Normungsorganisation, in deren Unterabteilungen zahlreiche Normen auch für die Terminologie erstellt werden.
Für sprachliche Normen ist vor allem die Unterscheidung von Normen und Regeln grundlegend. Ansonsten gehen die Bezeichnungen oft durcheinander; so gibt es zwar so bezeichnete Rechtsnormen; aber die Regelungen im Straßenverkehr heißen Verkehrsregeln. Zu den prinzipiellen Unterschieden zwischen sprachlichen Regeln und Normen zählt: Eine Norm kann jemand allein durchsetzen, sowie ihre Befolgung überwachen; bei Regeln geht dies nicht (vgl. das Stichwort). Im Unterschied zu Regeln gibt es auch viele formulierte Normen, die nicht gelten, für die mithin nur ein Geltungsanspruch besteht. Überhaupt existieren sprachliche Normen nicht unabhängig von ihren sprachlichen Formulierungen. Um gelten zu können, müssen Normen z.B. „amtlich in Geltung gesetzt“ werden. Und wer eine Norm in Geltung setzt, muss Autorität, Macht, oder beides haben, oder er muss qua Gesetz dazu legitimiert sein. Es bedarf folglich einer so bezeichneten Normsetzungsinstanz. Aber Regeln folgt man einfach sozusagen „blind“.
Da viele Normen nicht freiwillig übernommen und befolgt werden, müssen sie häufig ausdrücklich „durchgesetzt“ werden. Geschieht dies gegen den Willen der Betroffenen, dann muss die „Einhaltung“ der Normen überprüft werden, wozu man in vielen Fällen nicht ohne Zwang bzw. nicht ohne Sanktionen auskommt. Völlig lächerlich wäre es z.B., durchsetzen und überwachen zu wollen, ob Kinder die Bedeutungsregeln von Wörtern wie Katze oder Demokratie richtig lernen. (Vergleichbares gibt es allerdings und gab es immer dort, wo totalitäre Regimes gesellschaftlich brisante und unliebsame sprachliche Ausdrücke im Sinne einer Sprachlenkung der Bedeutung nach festgelegt haben).
Dies alles zeigt, dass mit Normen eine Auswahl aus vorhandenen Repertoires von Regeln getroffen wird. Die Auswahl erfolgt im Bereich sprachlicher Normen sehr oft unter Rückgriff auf Regelformulierungen (aus Grammatiken und Wörterbüchern); Normbeschreibungen verdanken sich somit der vorgängigen Existenz von Regeln. In diesem Sinne sind so bezeichnete orthografische Regeln als Normen zu begreifen. Der Ausdruck Rechtschreibregelung(en) verdeutlicht immerhin diesen Bezug zu den Normen; (vgl. Weiteres, insbesondere zum Verhältnis präskriptiver und deskriptiver Normen, unter dem Stichwort Standardsprache).
Sprachlichen Regeln folgen Sprecher und Sprecherinnen, wenn sie sprachlich agieren. Da Regeln nicht wahrnehmbar sind, sondern nur intraindividuell als eine Art des stillschweigenden Wissens existieren, zeigt sich nur im sprachlichen Agieren bzw. an sprachlichen Aktivitäten, dass und in welcher Weise Regeln gelten. Als Handlungen der und der Art lassen sich sprachliche Aktivitäten dann bezeichnen, wenn sie einem konventionellen Handlungstyp zugeordnet werden können, der mit einem handlungsbezeichnenden Verb benannt werden kann, z.B. „jemanden beleidigen“, „etwas nachschlagen“. Daran lässt sich stets anschließen mit indem: „indem ein Schimpfwort verwendet wird“, „indem ein Wörterbuch aufgeschlagen wird“ etc. Wer Regeln folgt, verfügt über sie, ohne dass er sie auch formulieren kann, oder ihm/ihr das in geeigneter Weise möglich ist. Regelformulierungen werden in der Sprachwissenschaft und in der Lexikographie (vgl. das Stichwort) z.B. für Bedeutungen und grammatische Gegebenheiten gemacht. Regeln unterliegen Wandlungen; und sie können absichtlich (z.B. sprachspielerisch) oder unabsichtlich durchbrochen werden.
Aber niemand kann allein oder als Institution auf dem Wege der Regelformulierung z.B. neue Regeln für den Gebrauch der Wörter Katze oder und in der deutschen Standardsprache einführen, vorschreiben, und dann bei Nichtbeachtung mit Sanktionen drohen. Dies zeigt einen der Unterschiede zwischen Regeln und Normen (vgl. das Stichwort). Jemand könnte zwar eine gewisse Zeit lang privaten Regeln folgen. Dann würde ihm/ihr aber passieren, für nicht normal erklärt zu werden bzw. es würde ihm/ihr so ergehen, wie jenem Mann in Peter Bichsels Erzählung „Ein Tisch ist ein Tisch“: Schlimm war, dass er die Leute nicht mehr verstehen konnte: „Viel schlimmer war: Sie konnten ihn nicht mehr verstehen“. Hier zeigt sich, dass Regeln eine überindividuelle Geltung besitzen (konventionellen Charakters sind), und dass es zumindest in vielen Bereichen Übereinstimmung der Regeln gibt, wenngleich auch nicht in allen Bereichen der Sprache alles genau geregelt ist; ein Beispiel sind die Regeln für das Genus im Deutschen (vgl. das Stichwort).
Das Erlernen von sprachlichen Regeln im Erstspracherwerb (vgl. das Stichwort Spracherwerb) setzt die Fähigkeit voraus, aus Regelmäßigkeiten (die ja durchaus regelorientiert sind) und einer gewissen Gleichförmigkeit der sprachlichen Äußerungen im Umfeld auf Regeln schließen zu können. Wer auf diese Weise Regeln unabhängig von der Berücksichtigung der Formulierung solcher Regeln gelernt hat, hat gleichzeitig ein Erfahrungswissen erworben über den Zusammenhang von Regeln und dem Geltungsbereich, in dem nach ihnen usuell (gewöhnlich, dem eingespielten Gebrauch nach) sprachlich agiert wird. Die Mundart seiner Umgebung erlernt das Kind freiwillig, nicht unbedingt aber die deutsche Standardsprache (vgl. das Stichwort) in der Schule. Im Rahmen des gesteuerten Erstspracherwerbs, insbesondere auch beim Fremdspracherwerb und Zweitspracherwerb (vgl. das Stichwort), jedoch haben Ergebnisse von Regelformulierungen in Form von Grammatiken und Wörterbüchern traditionell ihren Platz.

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